Selten hat uns ein Jahr die enge Verbindung von seelischer Gesundheit und Selbstwirksamkeit so vor Augen geführt wie das vergangene. Je länger die Auswirkungen der Pandemie unseren Alltag begleiteten, desto stärker zerrte sie an unseren Nerven. Zum Teil zermürbte uns Hoffnungslosigkeit – steigerte sich bis hin zu Aggressivität.
Sinnvolle Beschäftigung musste her. Etwas, um die eigene Wirksamkeit zu erleben. Für viele Menschen war das die Arbeit im eigenen Garten. Andere wiederum konnten negative Gefühle durch Heimwerken in sinnvolle Bahnen lenken.
Die ganzheitliche Betrachtung eines Projekts, von der Idee über die Planung bis hin zur Umsetzung, erzeugt in diesen Menschen ein Gefühl von Glück. Sie sind nach getaner Arbeit zufrieden, stolz, vielleicht auch etwas geschafft und glückselig. Selbst Scheitern ist erlaubt, in jedem Fall eingeplant und möglich.
Es hilft sogar zu lernen und sich selbst weiterzuentwickeln. Die eigenen Grenzen werden ausgetestet, vielleicht sogar überwunden oder zumindest akzeptiert.Vielleicht geht es Ihnen ja auch so, dass Sie beim Heimwerken alles andere um sich herum vergessen? Kein Hunger. Kein Durst. Einfach nur bei sich sein und mit den Händen etwas schaffen, das von Dauer ist.
So jedenfalls geht es Benjamin Glump. Aber nicht nur beim Heimwerkerprojekte stemmen verfallen Menschen in eine Art meditativen Flow: Christine Roth und ihre Tochter Letizia erleben genau dieses Gefühl, wenn sie gemeinsam malen. Aber geht das nur bei haptischer Beschäftigung? Ein klares Nein folgt von Steffen Magin, der sein Gefühl von Glück auch bei der rein geistigen Arbeit erlebt.
Im Beruf oder als Trainer bin ich sehr präsent. Auf dem Rasen bin ich einfach so für mich, kann meine Gedanken schweifen lassen.
Benjamin Glump
Ich gehe schon immer gerne in den Baumarkt, da kann ich mir sehr gut die Zeit vertreiben. Das ist für mich „Shopping“. Früher habe ich das auch gemacht, um mich inspirieren und treiben zu lassen. Heute, wo ich Familie habe, ist die Zeit ein bisschen knapper geworden.
Meistens habe ich dann schon ein Projekt vor Augen und gehe in den Baumarkt, um das zu kaufen, was ich dafür brauche. Ein Klettergerüst für meine Tochter, zum Beispiel. Allerdings ertappe ich mich auch dann noch, dass ich durch Gänge schlendere, in die ich eigentlich gar nicht rein müsste.
Im Moment gehe ich total auf bei der Rasenpflege. Ich würde sogar sagen, ich bin mittlerweile ein totaler Rasennarr geworden. Für dieses Jahr habe ich mir zum Ziel gesetzt, eine ganz tolle Rasenfläche hinzukriegen. Woher das kommt? Von Berufs wegen und auch bei meinem Hobby als Fußballtrainer bin ich sehr präsent und habe viel Kontakt mit Menschen. Meine Wirkung und mein Einfluss dabei lassen sich allerdings nur schwer messen. Vielleicht habe ich deshalb so viel Spaß beim Heimwerken und der Gartenarbeit. Denn da sehe ich meine Wirkung und mein Schaffen direkt – oft kann ich es sogar riechen.
Das ist sehr befriedigend für mich. Ich denke, das ist ein super Ausgleich, speziell bei Berufen, die sehr kognitiv sind. Für mich vereint die Arbeit am Rasen Unendlichkeit und Endlichkeit zugleich. Der Rasen wächst ja immer gleich, egal ob ich was mache oder nicht. Der lebt. Und ich strebe dabei ein bisschen nach Perfektion. Das macht natürlich Arbeit und es reicht bei Weitem nicht, sich einen teuren Rasenmäher zu kaufen und drüber zu fahren.
Da will ich schon immer besser werden. Das ist vielleicht ein bisschen wie beim Bau des Klettergerüsts für meine Tochter: Da habe ich ein paar Fehler gemacht und würde das jetzt anders machen. Ich lerne dabei also für die Zukunft. Und das habe ich beim Rasen auch so erlebt.
Wenn Freunde dann fragen, ob wir uns Kunstrasen gekauft haben – das bestätigt mich in meiner Wirksamkeit. Oft vergesse ich bei der Pflege die Zeit und bin ganz bei der Arbeit und bei mir selbst. Meine Gedanken schweifen ab und ich kann mich entspannen. Auf der Couch liegen oder ein Buch lesen ist nichts für mich. Meine Entspannung ist das Arbeiten mit den Händen. Das hat sich einfach so ergeben.
Auch wenn wir gemeinsam zum Kurs gehen, jede macht das für sich.
Christine Roth
Die künstlerische Ader liegt bei uns irgendwie in der Familie. So kamen wir auch beide zum Malen. Gerade im letzten Jahr, als wir pandemiebedingt nicht zu unserer Familie nach Spanien reisen konnten, waren unsere Geburtstagsgrüße sehr ausgefallen: Letizia macht zum Beispiel auch gern Handlettering. Hier geht es darum, Buchstaben kunstvoll und kreativ zu gestalten. So sind wir auf die Idee gekommen, dass sie große Plakate phantasievoll mit Glückwünschen bemalt. Diese wurden dann per Foto zusammen mit einer Videobotschaft am jeweiligen Geburtstag verschickt.
Das sah nicht nur toll aus und war originell, sondern war auch einfach wichtig in der einschränkenden Coronazeit. Für uns und die Familie. Seit Corona beschäftigt sich Letizia noch viel intensiver mit dem Malen und hat seither einige Zeichenkurse auch online besucht.
Einer davon war die Methode des Zentangle. Hier bemalt man kleine Papierkacheln mit wiederkehrenden Mustern aus einer Kombination von Punkten, Linien, Kurven oder auch Kreisen. Es gibt kein Radieren, jede Zeichnung auf der Kachel ist gut so wie sie ist.
Das Ergebnis sieht komplex aus. Ihre Erfahrung ist: Wenn man es Schritt für Schritt malt, ist es richtig einfach, das Ergebnis ist toll und die 3D-Wirkung verblüffend. Gerade das Zentanglen hat etwas Meditatives und Beruhigendes.
Die Schulungen zum Porträt- und Bleistiftzeichnen haben wir gemeinsam besucht, als Privatkurs im Studio einer Bekannten. Hier haben wir uns selbst realistisch gezeichnet, jede für sich. Ich finde toll, dass man sich beim Zeichnen völlig in den Formen und Farben verlieren kann. Da ist man nur bei sich und blendet alles um sich herum aus.
Wenn man dann das Ergebnis vor Augen hat, ist man begeistert und oft auch zufrieden! Es entsteht immer ein neues Bild – keines gleicht dem anderen. In einem unserer letzten Kurse haben wir einen Tigerkopf gezeichnet, welcher eine echte Herausforderung war und viel Konzentration brauchte. Aber am Ende waren wir total stolz auf das Ergebnis!
Ob wir auch zusammen an einem Bild malen? Eher nicht. Da kämen wir uns sicherlich in die Quere. Aber das gemeinsame Hobby macht uns viel Spaß und jede kann sich ausleben und dabei für sich entspannen. Damit haben wir was erschaffen, das bleibt.
Christine Roth und ihre Tochter Letizia nutzen die gemeinsame Zeit, um ihrem Hobby nachzugehen: Zeichnen und Malen.
Mein Schreibtisch sieht morgens aus wie abends – aber trotzdem war ich selbst wirksam, weil ich eine Veränderung initiiere.
Steffen Magin
Wenn ich etwas Physisches (er-)schaffe kann ich es anfassen, riechen oder sogar schmecken. Ich kann direkt sehen, was ich geschaffen habe. Und ich bin körperlich auf eine gute Art erschöpft. Aber wir leben in einer verdigitalisierten Welt und nicht jeder ist leidenschaftlicher Heimwerker oder Hobbygärtner.
Ein ähnliches Glücksgefühl zu erleben, geht aber auch im digitalen Umfeld. Mein Schreibtisch sieht morgens aus wie abends – aber trotzdem war ich selbst wirksam, weil ich eine Veränderung initiiere oder helfe, etwas zu verändern. Ich glaube aber, man braucht etwas mehr gedanklichen Freiraum, um sich selbst und das Geleistete im Digitalen wahrzunehmen. Im Büroalltag denke ich dabei immer wieder an einen Satz aus unserem HORNBACH-Fundament:
Wir bleiben aus Tradition innovativ.
Das bedeutet für mich, ich muss aus meiner Komfortzone raus. Wer Neues macht, der braucht Mut und da passieren Fehler. Wichtig ist das Vertrauen auf die eigene Wirksamkeit. Wer Innovationen treibt, der stößt auf Herausforderungen, die er zu Beginn seiner Tätigkeit noch gar nicht absehen kann.
Mut ist der Schlüssel. Selbst wenn ich scheitere und hinfalle, werde ich wieder aufstehen und die Probleme lösen. Das funktioniert, indem wir uns gegenseitig dabei unterstützen, wieder aufzustehen.
Wir haben damit die Freiheit etwas auszuprobieren, gemeinsam mit anderen Menschen. Wir schenken uns gegenseitig Vertrauen – und dann kann was Gutes passieren. Da braucht man viel Zeit für Dialoge und zur eigenen Reflektion. Und am Ende hat man gemeinsam einen Erfolg zu feiern!
Diese Zeit sollte man sich nehmen und irgendwann die Dellen zählen, die man „versehentlich“ mit den Sektkorken in die Akustikdecke geschossen hat. So wird für mich auch die geistige Leistung eine wahrnehmbare Leistung.
Natürlich kann ich sie nicht anfassen, aber sie ist da – unterstützt von digitalen Hilfsmitteln. Eine Projektleitung ist eben oft rein kognitiv – aber trotzdem wirksam. Ich bin im Flow. Jeder leistet seinen Beitrag, indem er das macht, was er am besten kann. Am Ende findet alles im Kopf statt.
Volle Konzentration. Steffen Magin erlebt auch bei digitaler Arbeit seine eigene Wirksamkeit.