Speed-Metall
Sein Leben als Artdirector hat Georges Ayusawa an den Nagel gehängt. Seither baut er Skulpturen aus Schrott.
Was er außer altem Metall noch dafür braucht, sind Totenschädel. Künstliche, versteht sich. Georges formt und schnitzt sie eigenhändig – aus Plasticine, einer besonderen Modelliermasse aus Kalziumsalzen, Vaseline und Fettsäuren sowie einer Geheimzutat, die nur er selber kennt. „Schließlich brauchen meine ,Speed Devils‘ auch passende Fahrer“, lacht Georges. Damit die Schädel eine realistische bräunliche Patina erhalten, die von echter mumifizierter Haut kaum zu unterscheiden ist, beklebt er sie rundum mit Klebeband und kokelt sie dann an.
Begonnen hat alles – wie so oft im Leben – mit einem Zufall. Ein Freund war 2017 mit einer Bitte an Georges herangetreten. Er sollte für einen Kunden ein Vergnügungszentrum mit Bar, Restaurant und vier Kinosälen im Retrofuturismus-Stil ausstatten. Und suchte noch händeringend nach jemandem, der ihm bei der Dekoration helfen könnte.
Georges’ Neugier war geweckt: Eine erste Serie von Neuinterpretationen berühmter Pop-Ikonen entstand, die allesamt aussahen, als wären sie dem 19. Jahrhundert entsprungen: Darth Vader, Batman, Iron Man, WALL·E, Lightning McQueen, Yoda und der Millennium Falcon, um nur einige zu nennen. Als Reaktion darauf gab es – neben Fanpost aus aller Welt – auch einen lukrativen neuen Auftrag, der volle kreative Kontrolle versprach: Georges hatte nun freie Hand, zu schaffen, was seine Fantasie hergab – und wagte den Schritt.
Im Moment erhält Georges so viele Aufträge, dass er kaum noch Zeit für seine „Speed Devils“ hat. Im Januar will er sich dann aber wieder ganz den höllischen Motorradmodellen widmen. „Mein Traum ist es, eines Tages einen funktionierenden „Speed Devil“ in Lebensgröße zu bauen“, sagt Georges. „Dafür muss ich allerdings noch lernen, wie man professionell schweißt und Motoren baut. Und dann: Motor an und einfach losfahren … eine endlos weite Straße hinunter.“
Text: Jens Wiesner I Fotos: Lena Giovanazzi