Rollen nach Maß
Holz ist sein Material, Skateboards sind seine Leidenschaft: Sam Hunt baut sie im Stil der guten alten Zeiten.
Sam skatet, seit er elf, zwölf Jahre alt ist. Kurvt durch die örtliche Mall, fährt Slalom zwischen Passanten, slidet an Sitzbänken entlang. Das Schlüsselbein hat er sich schon bei seinen Manövern gebrochen, das Fersenbein gespalten und die Fußknöchel zertrümmert. Autsch. Für Sam ist der Sport aber auch ein Ventil. „Hier kann ich all den Stress, der sich so im Alltag angestaut hat, in den Asphalt stampfen. Skaten macht einfach den Kopf frei, schießt Serotonin durch deinen Körper, verleiht Flügel. Außerdem kannst du überall skaten, auf Straßen, über Treppen, sogar unter Brücken.“ Ein Sport ohne jede Regel, völlig von der Rolle.
Sam Hunt
Wenn man Sam dabei beobachtet, wie er mit dem Bleistift die Schnittkanten auf dem Holz einzeichnet, wie er beim Schleifen über Ecken und Kanten streicht, scheint es, als wäre er in Trance. Er geht in der Handarbeit auf, liebt den Geruch von französischem Nussbaum, Eiche, Esche, Iroko und Sapeli-Mahagoni. „In der Werkstatt bist du selten allein, da wuselt immer einer um dich herum. Aber am Ende gibt es nur dich und das Board“, sagt er und fährt fort: „Besonders aufregend ist es, wenn ich ein neues Projekt anfange: Zu sehen, wie sich dieses rohe Stück Holz in etwas verwandelt, das man tatsächlich zum Skaten benutzen kann, das ist einfach das Größte.“
Davon leben kann Sam nicht. 2020 hat er gerade einmal eine Handvoll Skateboards gefertigt, für Freunde und Liebhaber. Seine kleinen Cruiser sind einfach „oldschool“ und deshalb nur für einen kleinen Teil der Szene interessant. Sie sind auch nicht so günstig wie die Produkte der großen Hersteller, die den Markt jede Saison mit immer neuen Modellen überschwemmen. „Die Boards sind nicht für die Masse gemacht“, sagt Sam.
Seine Miete und seine Einkäufe bezahlt er mit dem Einkommen aus seiner Möbel-Manufaktur Contrast Timbers, die er hauptberuflich mit einem Freund betreibt: „Ich habe BackBone Boards nicht gegründet, um damit reich zu werden. Es ging vielmehr darum, eine Leidenschaft zu teilen.“
Sam Hunt
Sam hingegen bezieht sein Material von einem lokalen Händler, der ausschließlich englisches Holz kauft und verkauft, oder von Holzfällereien aus der Grafschaft Wiltshire direkt vor der Stadt: „Wenn du gut drauf achtest und es gut pflegst, ist Holz ein sehr nachhaltiges Material, das dich ewig begleitet.“
Ein Skateboard, handgemacht, umweltfreundlich und lange haltbar: Damit kann man doch noch was ins Rollen bringen, Stück für Stück. Wie damals in den Fünfzigern, als ein paar Surfer Räder unter ihre Bretter schraubten und damit für eine Revolution sorgten.
Text: Laslo Seyda I Fotos: Ashley Bourne; Jacob Ponting/Lacuna Productions