Ein Miststreuer, ausgebaut zu einem Kreativ-Bauwagen. Ausgestattet mit Möbeln, Fenstern, Türen – und Elektrizität. Damit Franks Frau Sabrina immer basteln und nähen kann. Tag und Nacht. Wo immer sie möchte. Schließlich ist der Bauwagen – 2,35 Meter breit, 3,65 Meter lang, mit einer Raumhöhe im Innenbereich von 3,20 Meter – mobil: Per Deichsel und Adapter kann er einfach am Auto befestigt und dorthin transportiert werden, wo es Sabrina am besten passt.

Frank Melzer, 44 Jahre alt, aus Weinbach, Hessen. Dem gelernten Bäcker und Lagerist liegt die Arbeit mit Holz im Blut. Das ist vor allem seinem Vater, einem studierten Holzfachtechniker, zu verdanken. Von ihm erbte er seine Leidenschaft für das Handwerk und schaute sich viele Handkniffe ab. Seit rund fünf Jahren arbeitet Frank an seinen eigenen Projekten: Verputzen, Fliesen legen, Schreinern oder Elektroarbeiten erledigen. Für Frank ein Kinderspiel. Jetzt war ein neues Projekt an der Reihe: Sabrina heimlich ihren eigenen Bauwagen bauen, ein kreatives Reich für ihre Nähmaterialien. Schöner Nebeneffekt: Mehr Platz im gemeinsamen Zuhause.

Franz Melzer

Pläne? Gab es bei Frank nicht. Alles, was er brauchte, waren seine Hände – und versiegelte Lippen: Schließlich wollte er Sabrina mit dem Bauwagen überraschen. Die Kinder weihte er ein, sie waren begeistert und hielten dicht. Schon mal die halbe Miete. Dann legte er los. Kaufte Ende Juni 2017 heimlich einen gebrauchten Miststreuer, entfernte alle Holzwände und –beläge, bis nur noch das Metallgerüst stand. Immer nach Feierabend um 17 Uhr bis Mitternacht baute er. Täuschte Sabrina, mit der er damals noch nicht verheiratet war, Arzttermine und andere Verpflichtungen vor. Ewig konnte das nicht gut gehen. Also musste er den Bau schnell durchziehen. Das Grundgerüst des Bauwagens, den Boden, die Wände, Fenster- und Türrahmen baute Frank in seiner Werkstatt. Das Hauptmaterial: gebrauchte Holzleisten und OSB-Platten aus einer Mosterei. Frank maß alles ab, schnitt es zu und transportiere es zu einer abgelegenen Wiese, ca. einen Kilometer von zu Hause entfernt. Das Problem: Auf der Wiese gab es keinen Strom. Wenn ein Bauteil nicht direkt passte, ging alles von vorne los: zurück nach Hause in die Werkstatt, Nachbearbeiten, und wieder ab auf die Wiese. Wenn es zu dunkel wurde, schaltete Frank das Scheinwerferlicht seines Autos ein. Pausen? Brauchte er nicht.

Im nächsten Schritt setzte er gebrauchtes Glas in die Fensterrahmen ein und baute das Dach aus Holzbrettern, Dachschindeln und Dachpappe. Jetzt stand das Grundgerüst, war aber noch etwas farblos. Also strich Frank ihn in einem auffälligen blau, die Kinder, seine Verbündeten, halfen ihm dabei. Setzte die Tür ein, stellte eine kleine Leiter davor, schließlich ist der Bauwagen knapp einen Meter über dem Boden. Stützte ihn mit gekürzten Baustützen an jeder Seite ab, damit er fest stand. Weiter ging’s zur Inneneinrichtung: Frank baute Regale und Kommoden für die Bastelsachen, Sitzbänke, Stühle – und stellte einen Fernseher rein, für den Fall, dass Sabrina doch mal eine Auszeit von ihrem kreativen Schaffen brauchte. Dafür verlegte er Elektrizität, setzte Steckdosen und Lichtschalter ein. Fertig. Innerhalb von knapp zehn Wochen hatte Frank den Bau durchgezogen. Und war extrem stolz.

Insgesamt knapp 600 Euro. Unbezahlbar: Sabrinas erstaunter Gesichtsausdruck, als Frank ihr sein Geschenk übergab, Und er bekam gleich eines zurück: Sabrina machte ihm einen Heiratsantrag. Zwei Monate später läuteten die Hochzeitsglocken. Und Frank ist schon wieder am nächsten Projekt: ein Holzständerwerkhaus. Geplante Bauzeit: drei Jahre. Los geht’s!

Text: Esther Acason | Fotos: Frank Melzer